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Operation Pac Man    

 
janimberi travelroom
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Operation Pac Man
public Space Frankfurt am Main, Gemany 1998

Das Eindringen in beaufsichtigte Räume ist Teil der Arbeit
eines in Deutschland beheimateten Künstlerkollektivs,
das sich mit seiner radikalen Abkehr von gebräuchlichen
Zuordnungskriterien wie etwa einer Namengebung oder der Schaffung einer kunsttheoretischen Agenda verweigert, um den Nachweis der Urheberschaft zu erbringen. Der allgemeinen Forderung nach Bestimmbarem durch das Nicht Benennen geschieht nicht ohne Absicht, ihr standzuhalten ist erklärtes Ziel. Die bedeutungsvolle Verschleierung des in vollkommener Anonymität arbeitenden Kollektivs verkehrt die Prädomination der Künstlerpersönlichkeit in unserem Kulturkreis und entkräftet seine idealisierte Stellung. Das der Gruppe dadurch die Anerkennung versagt blieb, die Arbeiten jedoch großen Zuspruch erhielten, erscheint als logische Folge.
Die Entsagung von hegemonialem Hoheitsansprüchen im
Allgemeinen und kultureller Macht im Speziellen ist als
Kritik an den gegenwärtigen Rahmenbedingungen hiesiger
Kultureinrichtungen zu verstehen. Ihre Wirksamkeit
erhalten die Arbeiten der Gruppe ausschließlich im öffentlichen Raum fern jeglicher Autorenschaft. Die Erfüllung dieser Position wird konsequent von der Theorie in die Praxis überführt.

Die tatsächliche Arbeit der Gruppe trifft man im Zentrum
der Großstadt, dort, wo die Firmenzeichen wirtschaftsstarker Konzerne am weitesten in den Himmel ragen, an der Spitze der Frankfurter Hochhäuser, den Identitätssymbolen für den Herrschaftsanspruch der Wirtschaftskonzerne. Geläufigen Markenzeichen wird mit gezielter Sabotage die Corporate Identity entzogen und auf subtile Weise modifiziert. Ihre Botschaften sind dann eher Warnung als Werbung. Zur Vorbereitung ihrer „Operation Pacman“ wurde das Gebäude einer DG Bank wochenlang observiert und die besonderen Überwachungsmethoden des Wachpersonals der Bank aufgezeichnet, die Beobachter also selbst beobachtet.
Das 93 Meter hohe, neunzehnstöckige Bankgebäude konnte dann unbemerkt infiltriert werden und mithilfe einer kreisrunden, schwarzen Klebefolie, das dem Logo der Bank ein “Auge” verschaffte, wurde aus dem Firmenzeichen ein gefräßiger Pacman gemacht, der die Hauptfigur eines der erfolgreichsten Computerspiels aller Zeiten ist. Die Regeln des Spiels sind einfach erklärt: Ein smileyartiges Wesen muss Punkte in einem Labyrinth fressen, während es von Gespenstern verfolgt wird. Die zweidimensionale Spielwelt von Pacman ist ähnlich dem Space Invader auf Grundfarben und kantige Formen beschränkt und gilt heute als Klassiker. Die Analogie zwischen dem gierigen Punktesammler aus der Spielebranche und dem auf Anhäufung von Finanz- und Wirtschaftsmacht gerichteten Kapitalunternehmen
ist auffällig.

Auf diese Weise wurde aus der einflussreichen Zentral-
und Geschäftsbank für wenige Wochen ein - durch sein
eigenes Branding - gebrandmarktes Kreditinstitut.
Das Unternehmen, das mit seiner Kulturförderung einer
renommierten Fotografie-Sammlung ihr Prestige zu stei-
gern versucht, mußte in seiner erprobten Selbstdarstellung
ein unschönes Beiwerk hinnehmen und so eine ungewollte
Allianz mit der Kunst eingehen. Dem um Ernsthaftigkeit
und Seriösität bemühten Bankriesen wurde auf kindlich
verspielte Art eine Beschäftigung mit der eigenen Firmenpolitik aufgedrängt. Auch wenn der Tatbestand des Einbruchs gegeben war, hat die verantwortliche Geschäftsleitung davon abgesehen, die Saboteure zur Rechenschaft zu ziehen.
Der Punkt wurde anstandslos nach wenigen Wochen von
einer Spezialfirma entfernt.

Gregor Schubert