Icons statt Ikonen

Im ausgehenden 20. Jahrhundert sind es nicht mehr Ikonen, sondern Icons, die unsere
Bildergläubigkeit bestimmen, und wenn am Anfang einmal der Logos war, so beherrschen
heute Slogans und Logos den Lauf der Dinge. Wie ein visionär Kommentar dieser paradigmenwechsel mag das “Schwarze Quadrat” Alexander Rodtschenkos wirken, der die “supermatistische Ikone” des Künstlerkolegen Kasimir Malewitsch zunächst in schwarzem Grund versenkte, um sie sodann als Marke auf seinen Mantel zu nähen.
Umgekehrt hat auch die subversive Arbeit am Superzeichen nicht nur eine lange tradition in der Kunst von Kurt Schwitters über Öyvind Fahlström bis hin zu General Idea und Daniel Pflumm, sondern gehört spätestens seit Techno zum gestalterischen Handwerkszeug einer Popkultur, für die das Ballspiel zwischen dem “Kommerz” und “Merz” oder “Esso” und “LSD” sotzsagen selbstverständlich geworden ist. Zwischen Art und Ad´ unterscheidet manchmal nur ein Wimpernschlag.
Eine Frage , die sich für Frankfurt am Main bislang recht eindeutig entscheiden ließ. Dessen Skyline wird bekanntlich von Bankhochhäusern gebildet, deren Logos Tag und Nacht über den Dächern leuchten und das Profil der Stadt auf ihre Weise prägen. Logisch, da? das Finanzzentrum die Nacht zum 1.Januar 1999 nicht nur mit einem Feuerwerk beging, sondern auch die Einführung des Euro mit nächtlicher Hochhausillumination in Gestalt des neuen Währungszeichen feierte. Ganz Frankfurt? Wie weiland zu Asterix´und Obelix´ Zeiten blinkte inmitten der kapitalen Neujahrsfeier eine kleine Bastion des Widerstands das Wort “Riot” in die Nacht. Ausgrechnet das Mariott-Hotel?
Verantwortlich für das Spiel mit den Leuchtschriftlettern war in der Tat kein Stromausfall.
Vielmehr handelte es sich um Sabotage am und mit System. Dieses war bereits der zweite Streich einer anonymen Gruppe junger Künstler, die mit subtilen Eingriffen ins Reich der Zeichen die Herrschaftsdiktatur der Logos ins Wanken bringt. Schon im Sommer 98 hatte der Turm des alten DG-Gebäudes in der Wiesenhüttenstraße an neuralgischem Punkt einen Punkt erhalten, ebenfalls in einer Nacht-und-Nebel-Aktion: Wo zuvor ein offner Ring die Corporate Idendity der Genossenschaftsbank signalisierte, schnappte anderentags ein gieriger “Pacman” in die Luft. Ein Schelm, wer dabei an die Expansionspolitik der Bank und ihren Einfluß auf stadtische Strukturen denkt....Auch wenn den anonymen Logo-Gestaltern kaum ein kommunaler Kunstpreis winken wird: Selten hat Frankfurt Kunst im öffentlichen Raum von dieser Konsequenz gesehen.

Verena Kuni

neue bildende kunst (Zeitschrift für Kunst und Kritik) Januar / Februar 1999

  Jan Imberi
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Pacman